Seit knapp 17 Jahren zusammen, seit fast 7 Jahren verpartnert und jetzt – plötzlich verheiratet?

Eigentlich kann ich es kaum glauben, es ist soweit, die „Ehe für alle“ ist durch. Ich muss jetzt nicht mehr sagen, dass ich verpartnert bin – habe ich immer gemacht um darauf hinzuweisen, dass es auch im Jahr 2017 in Deutschland keine „Homo-Ehe“ gibt, wie so häufig angenommen. Auch wenn über die Institution „Ehe“ an sich diskutiert werden kann, es wurde Zeit dieser Form der strukturellen Diskriminierung endlich ein Ende zu setzten. Immerhin sind 82,6% der Deutschen dafür, dass auch Lesben und Schwule heiraten dürfen1.

Viele Menschen haben in den letzten Jahrzehnten – auch unter Androhung von Strafen – dafür gekämpft, haben nicht locker gelassen und immer wieder auf Diskriminierungen unterschiedlichster Ebenen aufmerksam gemacht, haben sich für die Rechte von LSBTI* eingesetzt. Sie können einen weiteren Sieg verbuchen! Danke an alle, die für unsere Generation gekämpft haben! Wir geben unser Bestes diesen Geist an die nächste weiterzugeben.

Was heißt denn jetzt eigentlich „Ehe für alle“? Wer sind denn alle? Bei genauerer Betrachtung ist die „Ehe für alle“ die Ausweitung der Privilegien von heterosexuellen 2er-Beziehungen auf homosexuelle 2er-Beziehungen (also können alle wieder ruhig atmen, die jetzt dachten massenweise Geschwisterpaare blockieren die Standesämter).

Konkret: Lesben und Schwule können heiraten, haben alle Rechte einer Ehe – die Pflichten hatten wir ja vorher schon – und können gemeinsam Kinder adoptieren. Meine schon eingetragene Lebenspartnerschaft bleibt bestehen, es sei denn wir wandeln sie in eine Ehe um. Laut Gesetzesentwurf wird eine Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt, „wenn zwei Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Ehe auf Lebenszeit führen zu wollen. […] Die Erklärungen werden wirksam, wenn sie vor dem Standesbeamten abgegeben werden.“2 Wir haben also die Möglichkeit „eine Ehe zu schließen, ohne dass [wir] zum einjährigen Getrenntleben und zur darauf folgenden Aufhebung der Lebenspartnerschaft gezwungen werden, was eine unbillige Härte darstellen würde.“2 – Danke!

Ich möchte den hart erkämpften Erfolg gar nicht schmälern und ob ich tatsächlich heirate oder meine Lebenspartnerschaft bestehen lasse ist ja meine/unsere Entscheidung. Für alle zukünftigen heiratswilligen Lesben und Schwulen ist der Weg frei und das ist richtig so!

Allein durch diese Gesetzesänderung wird die „schwule Sau“ nicht vom Schulhof verschwinden, werden Heterosexismus, Homo- und Trans*feindlichkeit in der Gesellschaft nicht automatisch weniger. Denn auch wenn 82,6% für die gleichgeschlechtliche Ehe sind, empfinden es rund 40% als sehr bzw. eher unangenehm, wenn der eigene Sohn schwul / die eigene Tochter lesbisch ist1. Die Angst vor dem Outing ist besonders bei jungen Menschen immer noch enorm groß, weil ja keiner weiß, wie das Gegenüber reagieren wird.

Es heißt also weiterhin aufmerksam sein, dranbleiben, auf Ungleichheiten und Diskriminierungen aufmerksam machen, damit es irgendwann tatsächlich egal ist, wer wen liebt.

 

Wibke Korten

 

 

1 Einstellungen gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen in Deutschland – Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017

2 Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/066/1806665.pdf)