Geflüchtete Lesben, Schwule, Bisexuelle & Trans*personen

Viele waren oder sind der Meinung, dass Vorurteile, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans*personen (LSBT*) mindestens bei uns in Deutschland bereits der Vergangenheit angehören. Aktuelle Studien, die Erfahrungen von LSBT* und aktuelle gesellschaftliche Bewegungen, die alte Vorurteile und Ängste schüren, widersprechen dieser Annahme deutlich. Hierfür zwei Beispiele: „Schwule Sau“ gehört auch in Deutschland zu den beliebtesten Schimpfworten und etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung gibt in anonymen Befragungen an, eine Wohnung nicht an ein lesbisches oder schwules Paar vermieten zu wollen. Ein besonders großes Problem für die meisten „Betroffenen“ ist die Unsichtbarkeit und die (befürchtete) Ablehnung ihrer Lebensform sowie die hieraus resultierende Einsamkeit. Lesbisch- Schwule Jugendzentren, Beratungsstellen und spezielle Gruppen bieten Unterstützung und Kontakt. Zugleich fördern sie die gesellschaftliche Sichtbarkeit und Akzeptanz von nicht-heterosexuellen Menschen.

Mindestens 5 % der Geflüchteten sind lesbisch, schwul, bisexuell oder trans*.

Sie kommen überwiegend aus Staaten, in denen sie wegen ihrer Lebensform durch Gesetze (Gefängnis, Prügel- oder sogar Todesstrafe) und gesellschaftlicher Diskriminierung (u.a. auch geduldete Gewalt) ausgesetzt waren. Sie haben gelernt und sind es gewohnt, ihre sexuelle / geschlechtliche Identität zu verbergen. Viele wagen auch in Deutschland nicht über ihre sexuelle / geschlechtliche Identität zu sprechen, obwohl die Zugehörigkeit zu diesen Minderheiten für sie häufig ein (zusätzlicher und anerkannter1) Fluchtgrund sein kann.

Auch die übrigen Geflüchteten kommen aus diesen Staaten und sind einen anderen (bzw. keinen) Umgang mit sexuellen Minderheiten gewohnt. Gerade auch im sehr engen Zusammenleben der Geflüchteten sind homo- und trans*phobe Anfeindungen, Konflikte und Gewalt erwartbar und bekannt. Wenig sensible oder gar ablehnende Dolmetscher_innen, Helfer_innen oder Behörden sowie die berechtigte Angst vor diesen können, das Asylverfahren zudem deutlich erschweren.

Vor diesen Hintergründen ist es nachvollziehbar, dass viele lsbt* Geflüchtete ihre sexuelle / geschlechtliche Identität auch in den Unterkünften sowie gegenüber Behörden verbergen. Während dies eine nachvollziehbare und häufig Schlimmeres vermeidende Strategie darstellt, geht sie mit einer hohen zusätzlichen psychischen Belastung einher und erschwert die Inanspruchnahme besonderer Unterstützungs- und Integrationsleistungen.

Durch internationale Verträge sind geflüchtete Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*personen als besonders schutzwürdige Personengruppe anerkannt und vor Diskriminierung und Gewalt auch durch Behörden sowie in Unterkünften zu schützen.

Die Unsichtbarkeit von LSBT* sowie die Situation in Deutschland (allgemeine Unsichtbarkeit, mangelnde Sensibilität, (latente) Vorurteile) führen dazu, dass Sie, als in der Unterstützungsarbeit für bzw. mit Geflüchteten, sich mit diesem Thema wahrscheinlich bisher nicht oder nur am Rande beschäftigt haben. Uns ist sehr bewusst, dass Sie und Ihre Kräfte in den letzten Monaten besonders gefordert waren und Sie sich oft – trotz extremen Engagements – nur um das Allernötigste kümmern konnten. Wir möchten Sie dennoch für die besondere Situation von lsbt* Geflüchteten sensibilisieren und Sie bitten, diesen Menschen in ihrer besonderen Situation zu helfen.

Hierbei unterstützen wir Sie und die entsprechenden Personen sehr gerne durch Fachberatung, Sensibilisierungsveranstaltungen, Materialien oder Vermittlung zu Organisationen, die Sie durch konkrete Hilfe bei der Unterstützung der einzelnen Personen entlasten können.

 

Was Sie tun können:

 Signalisieren Sie möglichst frühzeitig und konsequent allen Geflüchteten die Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans*personen. Machen Sie deutlich, dass auch dieses Thema mit Ihnen besprechbar ist und dass Sie Anfeindungen, Diskriminierungen, Gewalt und sexuelle Übergriffe nicht dulden.

    • Nutzen Sie z.B. einen Button „LGBT* welcome“ oder einen Regenbogenaufkleber als sichtbares Signal. Vielleicht wäre auch ein Plakat, welches gleichgeschlechtliche Liebe zeigt in Ihrer Einrichtung Signal und Gesprächsanlass. Entsprechendes Material stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
    • Sprechen Sie mit niemandem, außer Ihren Kolleg_innen über die (vermeintliche) Homosexualität / Trans*identität. Ein Fremdouting (z.B. auch aus der naiven Vorstellung, dass dies heutzutage „kein Problem“ mehr ist) ist auf jeden Fall zu vermeiden.
  • Informieren Sie möglichst frühzeitig und konsequent alle Geflüchteten über die rechtliche Situation in Deutschland, über (besondere) Schutzmöglichkeiten und unterstützende Organisationen für lsbt* Personen.
    • Informieren Sie sich über Beratungs-, Jugend- und Selbsthilfeorganisationen in Ihrer Umgebung und legen Sie sichtbar entsprechendes Material in Ihren Einrichtungen aus. Gerne informieren wir Sie und stellen entsprechendes Material zur Verfügung.
    • Vermitteln Sie – auch zu Ihrer Entlastung – lsbt* Geflüchtete an entsprechende Einrichtungen.
  • Schützen Sie lsbt* Geflüchtete vor Anfeindungen und Übergriffen.
    • Schreiten Sie bei konkreten Vorkommnissen immer konsequent und möglichst zugleich kultursensibel ein.
    • Besprechen Sie die besondere Situation von geflüchteten LSBT* mit Ihren Kolleg_innen und Helfer_innen.
    • Bereiten Sie kurzfristig umsetzbare Schutzmöglichkeiten / Schutzräume in Ihrer Einrichtung vor.
    • Holen Sie sich Unterstützung durch örtliche / regionale Organisationen für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*personen
  • Sensibilisieren Sie Geflüchtete für Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt
    • Nutzen und schaffen Sie Gesprächsanlässe (z.B. durch Filme, Plakate) über die Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans*personen (in Deutschland). Werben Sie hier für die Akzeptanz von Verschiedenartigkeit allgemein. Machen Sie deutlich, dass von dieser Vielfalt und einem Klima der Akzeptanz alle profitieren.
    • Beziehen Sie vielfältige Lebensformen in Ihre Sprache ein. Es ist auch für die meisten Nicht-Geflüchteten ungewohnt, eine Frau mal zu fragen, ob sie eine Partnerin oder einen Partner hat oder in einer Matheaufgabe mal ein schwules Paar aufzunehmen. Dieses alltägliche Mitdenken und Mitbenennen ist es allerdings, was Selbstverständlichkeit schafft.
    • Nehmen Sie Kontakt auf zu Aufklärungsprojekten oder Einrichtungen von und für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*personen und organisieren eine Kooperation (gegenseitige Besuche, Aufklärungsworkshops, gemeinsame Freizeitaktionen).

 

Zusätzlich im westlichen Ruhrgebiet und am Niederrhein
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LSBT* Jugendtreffs und Projekte Beratung für Lesben, Schwule, Bisexuelle & Trans*personen, deren Freund_innen & Angehörige
 www.together-virtuell.de

Tel. 0208- 4125921

Kontaktperson: Suse von Nordheim

www.lebenslust-beratungsstelle.de

Tel. 0208- 19446

Kontaktperson: Harry Kirchwehm