Fachkräfte aus ganz NRW nutzten Fachtagung zu Information und Diskussion
24.11.2015, Münster – Mit fast 180 Teilnehmer_innen aus Jugendpolitik, Jugendarbeit und Jugendhilfe brachte die Fachtagung „LESBISCH-SCHWUL-BI-Trans* Sexuelle Vielfalt und sexuelle Vorurteile in der Jugendhilfe“ am 23.11.2015 im Historischen Ratssaal der Stadt Münster einen Teilnehmer_innenrekord. Die Fachberatungsstelle „gerne anders NRW“ sowie die Kooperationspartner_innen der Jugendtreff „track“ aus Münster, der anyway e.V., Träger des ersten lesbisch- schwulen Jugendzentrums in Köln, der SVLS e.V., Träger der lesbisch- schwulen „together Jugendeinrichtungen“ in Essen, Gelsenkirchen und Mülheim an der Ruhr sowie die Stadt Münster freuten sich sehr über das große Interesse.
Die Tagung schaffte Bewusstsein für die Lebenslagen und Diskriminierungserfahrungen von nicht-heterosexuellen Jugendlichen und machte diese als Zielgruppe der Jugendhilfe / Jugendarbeit sichtbar. Sie zeigte zugleich Möglichkeiten der Jugendhilfe auf, sich dieser Zielgruppe zuzuwenden und professionell auf die Realität bestehender sexuelle Vielfalt und Diskriminierungen einzugehen, um für ein Klima der Akzeptanz und des Respekts tätig zu werden.
Schon in den Grußworten unterstrichen Christina Kampmann, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW), der Oberbürgermeister der Stadt Münster sowie die Vorsitzende des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie des Landtags NRW Margret Voßeler, die gemeinsame Aufgabe, die Akzeptanz auch von sexueller Vielfalt vor allem unter Jugendlichen zu fördern und als Bereicherung für die gesamte Gesellschaft zu begreifen.
Die Referentinnen Dr. Claudia Krell / Deutsches Jugendinstitut und Prof. Dr. Elisabeth Tuider / Universität Kassel untermauerten in ihren Vorträgen diese Notwendigkeit. Claudia Krell stellte hierzu die aktuelle und erste bundesweite Studie zu Lebenssituation von nicht-heterosexuellen Jugendlichen in Deutschland „Coming-Out und dann…?!“. An Hand der Befragung von über 5000 jungen Menschen und intensiven Einzelinterviews konnte sie belegen, dass junge Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*Personen in ihrem Alltag weiterhin unterschiedlichsten Formen von Diskriminierung ausgesetzt sind. Vor allem hob sie die realistische Angst der jungen Menschen hervor, vor allem in ihren engsten Bezügen ausgegrenzt und diskriminiert zu werden. Die Entdeckung, selbst trans*, schwul, bi oder lesbisch zu sein, löst daher Verunsicherungen und tiefe Ängste aus, die auch dazu führen, dass junge Menschen diese Identitätsbestandteile verbergen. Wie auch Elisabeth Tuider hob sie die besondere Bedeutung von besonderen Unterstützungsangeboten für nicht-heterosexuelle Jugendliche, wie LSBT* Jugendtreffs hervor. Mindestens ebenso wichtig sind allerdings leichtzugängliche Informationen z.B. im Internet und die Akzeptanzarbeit in der Mehrheitsgesellschaft. Hierzu regte Elisabeth Tuider die anwesenden Jugendarbeiter_innen an, sich mit der Pädagogik der Vielfalt zu beschäftigen. Sie machte deutlich, dass gesellschaftliche und auch sexuelle Vielfalt anzuerkennende Realität ist und vermittelte Möglichkeiten, diese z.B. in Jugendarbeit / Jugendhilfe mit jungen Menschen besprech- und erfahrbar zu machen.
Neben Fachkräften der allgemeinen Jugendarbeit, die von Entwicklungen auf der Landesebene und von konkreten Beispielen aus der Praxis vor Ort berichteten, kamen in diesem Jahr auch die jungen Menschen selbst zu Wort. Mutig und anschaulich beschrieben sie ihre Coming- Out- Verläufe und Sorgen. Selbstbewusst machten sie deutlich, wie wichtig für ihren Lebensweg der Austausch mit anderen nicht-heterosexuellen Jugendlichen war bzw. ist, wie ihn die Angebote der LSBT*Jugendarbeit bieten.
Obgleich die Tagung ein herausfordernd straffes Programm hatte, waren die Rückmeldungen extrem positiv. Dies lag nicht zuletzt an der lebendigen und humorvollen Moderation durch den TV-Moderator Ralph Morgenstern, der durch das abwechslungsreiche Programm führte und durch eigene Erfahrungen auflockerte.
In Kürze gibt es auf www.gerne-anders.de eine Videodokumentation zum Fachtag. Damit soll die Tagung nicht nur im Gedächtnis bleiben, sondern weitere Fachkräfte der Jugendhilfe erreichen.